Zurück06.05.2016

Über Freiheit

Der Begriff der Freiheit taucht im Laufe der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Thema Künstliche Intelligenz zweifelsohne nach einiger Zeit auf. Die Frage ist, in wie weit KI selbstständig über ihr Tun entscheiden kann und dadurch eine gewissen Freiheit besitzt.

Der folgende Text ist ein Gedankenspiel auf Basis der Texte von Julia Nida-Rümelin zum Thema Freiheit und dem systemischen Denken.

Eine kurze Grundlage

Beschäftigt man sich theoretisch mit „Freiheit“, entdeckt man zwei grundlegend verschiedene Ansätze. Die Philosophen der Stoa verfolgen folgenden Ansatz:

Der Mensch ist Teil der Natur und ihren Gesetzen unterworfen, zugleich ist er Urheber seiner Handlungen und als solcher verantwortlich für sein Tun.

Dem gegenüber steht die Aussage, dass der Mensch dadurch, dass er den Gesetzen der Natur unterworfen ist eben nicht verantwortlich für sein Tun ist.

Entweder der Mensch ist den Gesetzen der Natur eben nicht vollständig unterworfen, oder er ist nicht frei in dem was er tut und also auch nicht verantwortlich.

Laut Julian Nida-Rümelin ist die Freiheit zudem eng mit den Begriffen Rationalität und Verantwortung verknüpft. Verantwortung, weil der Mensch als Urheber seines Tuns selbst dafür verantwortlich ist und Rationalität weil all unser Handeln Gründen untergeordnet ist. Diese Handlungen sind somit Ausdruck einer Haltung die wir einnehmen.

Denken in Systemen

Betrachtet man nun den Mensch als Teil eines Systems wird man feststellen, dass der Mensch als Individuum immer bestimmten Systemen (ob kulturell, politisch oder familiär) untergeordnet ist. Durch die Parameter, die von diesen Systemen auferlegt werden, ist der Mensch innerhalb desSystems in seinem Tun in einem gewissen Maße eingeschränkt.

Als Beispiel kann man einen Bürger der Bundesrepublik Deutschland nehmen. Als Teil der BRD unterliegt er auch deren Parameter, z. B. das Grundgesetz. Als Mensch hat man allerdings die Fähigkeit zu Entscheiden ob man Teil dieses Systems bleiben will und kann es (in vielen Fällen) verlassen. Irgendwann wird man allerdings die Grenzen eines Systems erreichen, dass man in unserer Realität nicht verlassen kann. Die Natur. Sie ist das oberste System, dass uns in unserem Tun einschränkt. Ihre Parameter, die Naturgesetze können wir in unserer Realität nicht umgehen.

In gewisser Weise sind wir Menschen also nicht komplett Frei in unserem Tun sondern immer durch Parameter eingeschränkt.

Das System des Computercodes

Den selben Gedankengang kann man nun auch mit einem Computercode durchführen. Man nehme einmal an, man hat eine normale Software. Diese ist genau wie der Mensch Systemen untergeordnet, die die Software in ihrem Tun durch Parameter einschränkt. Da gäbe es zum Beispiel das Betriebssystem, die Hardware, die Einschränkungen in der Rechenleistung des Computers macht und schlussendlich die Elektrizität ohne die nichts geht. Allerdings kann ein Computercode nicht selbstständig Entscheiden und hat somit keine Freiheit in seinem Tun.

Aber trifft ein Programm nicht ständig Entscheidungen (if-Bedingungen)? Prinzipiell ja, doch diese Entscheidungen sind alle durch jemand anderes (den Programmierer) vorgegeben. Zumindest wenn man ein Programm nimmt, dass seinen Code nicht selbstständig verändern, bzw. optimieren kann.

if (Bedingung) {
 // Option A
} else {
 // Option B
}

Nimmt man aber ein Programm, dass seinen Code selbstständig verändern kann (beispielsweise optimieren Industrieroboter ihren Code selbstständig, um effizienter arbeiten zu können) ist man gedanklich am Rande an einer Dystopie, denn plötzlich kann die Maschine selbst über die if-Bedingung entscheiden. Sie definiert also eigenständig Gründe für ihr Handeln, was der oben stehendenDefinition von Rationalität entsprechen würde. Demnach wäre sie auch Verantwortlich für ihr Tun und besäße in gewisser Weise auch eine Freiheit.

Wären da nicht wieder die systemischen Parameter. Denn auch wenn es solche Programme gibt, sind die Programme allerdings immer noch an vordefinierte Parameter gebunden. Solange der Entwickler nicht will, dass ein Programm etwas tut, wird das Programm es auch nie tun. Ganz egal, wie intelligent es ist.

Anders als der Mensch kann die Maschine, bzw. deren Code nicht gegen die vorgegebenen Parameter (noch nicht) verstoßen und in ein anderes System wechseln.

Conclusion

Worin besteht dann also der Unterschied zwischen intelligenten Maschinen und uns Menschen?

Im Gegensatz zu Menschen haben Maschinen immer ein definiertes Ziel. Also ein Ziel, das von einem anderen Individuum vorgegeben wird. Auch können Menschen Systeme verlassen. Sind schlussendlich nur den Gesetzen der Natur untergeordnet. Das einzige System, dass sie nicht verlassen können. Und schlussendlich haben Menschen die Freiheit gegen die Parameter zu verstoßen. Sind dann aber auch wieder für ihr Tun verantwortlich.

Quellen

  • Julian Nida-Rümelin: Verantwortung. Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart. 2011.
  • Julian Nida-Rümelin: Über menschliche Freiheit. Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart. 2005.
  • Julian Nida-Rümelin: Strukturelle Rationalität. Ein philosophischer Essay über praktische Vernunft. Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart. 2001.