Zurück01.02.2017

Appell an eine ineffiziente KI

Wer sich eine KI vorstellt, denkt meistens an ein System, das fehlerlos und effizient arbeitet. Es nimmt uns lästige Arbeiten ab, übernimmt für uns die Speicherung von Informationen und erinnert uns an Dinge, die wir früher auch ohne solche Systeme im Kopf hatten.

Ist die Entwicklung einer möglichst effizienten KI ein Trugschluss und führt dies dazu, dass wir ohne die KI nicht mehr zurecht kommen? Dies ist ein Appell für eine ineffiziente KI.

Ein Appell an eine ineffiziente KI hört sich im ersten Moment sehr paradox an. Schließlich soll eine KI unser Leben erleichtern. Uns dort unterstützen wo wir Hilfe benötigen, Zugang zu einem unendlichen Pool an Informationen geben und eine smartere Schnittstelle zu Systemen sein. Sprich einen effizienten und einfachen Umgang mit den komplexen Computer-Systemen und den darin enthaltenen (oder durch diese Systeme generierten) Informationen bieten.

Reflexion

Die Erfindung der Schrift (und später des Buchdruckes) sorgte dafür, dass wir Wissen auslagern und und für eine Breite Masse an Menschen zugänglich machen konnten. Wir konnten vorhandenes Wissen nutzen, um neues Wissen zu generieren und um dieses wieder in Form eines Buches festzuhalten. Vergleicht man diese Entwicklung mit der einer KI sollte man meinen, dass mit Hilfe der KI noch effizienter neues Wissen generieren werden kann. Die richtigen Texte müssen nicht mehr gesucht, gelesen und deren Informationen in Wissen umgewandelt werden. Eine KI erledigt all das für uns. Sie generiert sogar neues Wissen aus vorhandenen Informationen und macht dieses Wissen als Informationen für uns verfügbar. Und das in einer Geschwindigkeit und Effizienz, mit der wir als Menschen nicht mithalten können.

Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Buch und der oben beschriebenen KI. Das Buch präsentiert dem Anwender seine Informationen nicht auf dem Silbertablett. Eine KI hingegen liefert uns genau zum richtigen Zeitpunkt die Information, die wir gerade brauchen. Ein entscheidender Teil für die Aneignung von Wissen geht dabei verloren: Die Reflexion.

Menschen schärfen ihre induktive Kognition, also ihre Fähigkeit, vom Einzelfall aufs Allgemeine zu schließen, wenn sie mit Widerständen konfrontiert sind. Ist hingegen etwas leicht zu benutzen, denkt man nicht weiter darüber nach. Diese Reibungslosigkeit führt zu einer Art Abstumpfung der kognitiven Sinne.

Dieses Zitat stammt aus einem Interview über Smart Cities der Wired (Ausgabe 04-16) mit Richard Sennett – einem bekannten Soziologen. Dieses Interview brachte mich auf den Gedanken der ineffizienten KI.

Ist etwas leicht zu Benutzen, wird nicht weiter darüber nachgedacht. Man nimmt die Ergebnisse als etwas Selbstverständliches hin und der Prozess des Erarbeiten von Wissen geht verloren. Über die neu gewonnene Information wird nicht mehr reflektiert. Anstatt aus der Information neues Wissen zu generieren, geschweige denn die aufgenommene Information in Frage zu stellen, nehmen wir die Information hin wie sie ist. Da sie noch dazu aus einem System kommt, dass uns jederzeit Zugriff auf genau diese Information geben kann, ist es auch nicht von Nöten, uns diese Information auf Dauer zu merken. Was als eine Erleichterung des Lebens gedacht war führt am Ende vielleicht dazu, dass wir eine zu große Abhängigkeit von Intelligenten Systemen entwickeln.

Eine spannende Debatte

Neben dem Erkämpfen von Informationen aus Büchern, gibt es für uns Menschen noch eine weitere, wahrscheinlich viel interessantere Möglichkeit an Informationen zu kommen. Nämlich die einer spannenden Debatte. Was wäre, wenn eine KI uns die Informationen nicht einfach nur wiedergibt, sondern während einer Unterhaltung oder einem Diskurs preisgibt? Das wäre zugegeben höchst ineffizient. Allerdings bietet eine solche Unterhaltung im Gegensatz zu einer reinen Information immer einen Mehrwert. Vielleicht sollten wir eine KI nicht so effizient wie möglich gestalten, sondern so spannend wie möglich …

Conclusion

Grundgedanke des Appells für eine ineffiziente KI ist, dass eine vollkommen effiziente KI dazu führt, dass unsere kognitiven Fähigkeiten mit der Zeit immer mehr abbauen und wir eine vollkommene Abhängigkeit von der KI entwickeln. Man könnte fast schon von einer von Maschinen beherrschten Welt sprechen. Und so abwegig ist der Gedanke vielleicht auch nicht, betrachtet man technische Entwicklungen, wie das Smartphone oder den Strom, ohne die wir uns ein Leben nicht mehr vorzustellen können.

Wir müssen also bei der Entwicklung von KI darauf achten, dass wir Menschen nicht das verlieren, was uns zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Unsere kognitiven Fähigkeiten. Und vielleicht führen wir zukünftig spannende Unterhaltungen mit einer KI, die wir so mit einem Buch nicht führen könnten.